Alle Artikel in: Kunst

Der Blaue Reiter in Murnau

Zwischen Starnberger See und den Alpen, vor imposanter Gebirgskulisse, erstreckt sich ein Stück Oberbayern, das zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zu einem der Zentren des künstlerischen Aufbruchs in Deutschland wurde. Emil Nolde und Ernst Ludwig Kirchner besuchten die Region und ließen sich von der Natur und ihren kraftvollen Farben inspirieren, ebenso die Künstler des „Blauen Reiters“ wie Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Franz Marc, Alexej von Jawlensky oder Heinrich Campendonk. 1909 kaufte Gabriele Münter in Murnau am Staffelsee ein Landhaus. Sie bewohnte es bis 1914 mit ihrem damaligen Lebenspartner Wassily Kandinsky. Auf dem Sommersitz mit seinem herrlichen Garten waren viele Künstler zu Gast, das Haus entwickelte sich zum Ort der kreativen Begegnung unter Gleichgesinnten und Inspirationszentrum des deutschen Expressionismus. Hier in der Region liegt auch die Wiege des „Blauen Reiters“, dessen maßgebliche Protagonisten Marc und Kandinsky waren. Konzept und Inhalte des gleichnamigen Manifests, eine der bedeutendsten Schriften zur Kunst der Moderne, entstanden unter anderem im Münter-Haus. An der Holztreppe ins Obergeschoss ist das Thema auch heute präsent: Kandinsky bemalte sie mit wunderbaren Reiter-Motiven. Münter vermachte große …

Schmucke Fassaden

Willkommen in Leipzig. Beim Einrollen des Zuges in den Bahnhof bin ich aufgeregt und neugierig: Mein erstes Wochenende in dieser traditionsreichen Stadt. Bach, Thomaskantorei, Auerbachs Keller, Leipziger Messe, die neue Kunstszene in der wieder zum Leben erweckten Baumwollspinnerei und ein paar Architektur-News rund um Bahnhof und Mädlerpassage – diese Gedankensplitter wirbeln mir durch den Kopf. Was erwartet mich wirklich? Zunächst einmal milde und sonnige 25 Grand Celsius. Ich überquere die breite Ringstraße und lande direkt am Rande des historischen Zentrums. Am Eingang der Fußgängerzone ist ein Straßencafe voll besetzt. Piazzafeeling fast wie in Verona, Venedig oder Avignon. Doch ich erlaube mir jetzt noch keine Kaffeepause – es zieht mich in die engen Gassen. Ich erinnere mich an schmutzig-graue, verfallende Fassaden ostdeutscher Städte zu DDR-Zeiten, weiß aber auch, dass ich seit Jahren durch meine Soli dazu beitrage, dass die historische Bausubstanz vielerorts heftig saniert und renoviert worden ist. In Dresden, Bautzen, Weimar habe ich die Resultate gesehen, aber was präsentiert mir Leipzig? Ich begebe mich auf einen Entdeckungsspaziergang und bin überrascht und beeindruckt. Ganze Straßenzüge in …

From Cotton to Culture

Die Kunstszene in Leipzig kann sich sehen lassen. Die Bauwollspinnerei im Stadtteil Plagwitz gehört sicherlich zu den Aushängeschildern der Stadt und setzt auch überregional in der Kunstwelt Trends. Vom Hauptbahnhof ist das Kreativ-Gelände nur ein paar Straßenbahn-Stationen entfernt. Die Strecke der Linie 14 führt durch Straßen mit prachtvoll renovierten Villen der Gründerzeit und überquert auch den Karl-Heine-Kanal, auf dem bei schönem Wetter die Paddler unterwegs sind. Die Wasserstadt Leipzig ist aber ein anderes Thema. Heute geht es um die Kunst. Nach rund 15 Minuten bin ich vor Ort und betrete das Gelände der ehemaligen Baumwollspinnerei.     Der Industriekomplex mit seinen 20 Gebäuden, fast alle aus massivem Backstein, stammt von 1884. In den alten Hallen des weitläufigen Anwesens, einst die größte Baumwollspinnerei des Kontinents, war nach der deutschen Wiedervereinigung zunächst noch weiterproduziert worden, Anfang 1993 kam dann das endgültige Aus für die Garnproduktion. Ab den frühen 90er Jahren begann parallel eine völlig neue Phase der Nutzung des Geländes: In der kleinen Fabrikstadt hat sich in den letzten Jahren die Avantgarde einquartiert. Künstler, von denen mittlerweile über …

Kunststadt Leipzig

Rund zehn Museen und Sammlungen zählt man in Leipzig, vom Bach-Museum über das Museum für Druckkunst bis zum Grassi Museum für Angewandte Kunst und zur Tübke Stiftung. Dazu knapp 20 Galerien und diverse weitere Ausstellungsorte. Da ist ein Wochenende viel zu kurz zum Entdecken. Ich treffe also eine Auswahl und wende mich konsequent der Gegenwartskunst zu. Entdeckt werden sollen dabei das Museum der bildenden Künste, die Galerie für zeitgenössische Kunst und die Baumwollspinnerei. Das Museum der bildenden Künste liegt in der Innenstadt, ein moderner gläserner Kubus am Rande der frisch herausgeputzten historischen Altstadt. Glas, Sichtbeton, Muschenkalk und Eichenholz dominieren den Innenraum. Das Haus verfügt über eine der umfangreichsten Kunstsammlungen in Deutschland und präsentiert seine Werke und raumgreifenden Installationen nicht nur in diversen Sälen, sondern auch auf Terrassen, in Höfen und Treppenhäusern. Rund 500 Jahre Kunstgeschichte von Lucas Cranach d. J. über Caspar David Friedrich und Max Beckmann bis zur DDR-Kunst und der Leipziger Schule sind hier vereint. Ich wende mich den Zeitgenossen zu: Im weiten Aufgang grüßt eine wunderbar inszenierte Skulpturengruppe von Markus Lüpertz, ich …