Willkommen in Leipzig. Beim Einrollen des Zuges in den Bahnhof bin ich aufgeregt und neugierig: Mein erstes Wochenende in dieser traditionsreichen Stadt. Bach, Thomaskantorei, Auerbachs Keller, Leipziger Messe, die neue Kunstszene in der wieder zum Leben erweckten Baumwollspinnerei und ein paar Architektur-News rund um Bahnhof und Mädlerpassage – diese Gedankensplitter wirbeln mir durch den Kopf. Was erwartet mich wirklich? Zunächst einmal milde und sonnige 25 Grand Celsius.
Ich überquere die breite Ringstraße und lande direkt am Rande des historischen Zentrums. Am Eingang der Fußgängerzone ist ein Straßencafe voll besetzt. Piazzafeeling fast wie in Verona, Venedig oder Avignon. Doch ich erlaube mir jetzt noch keine Kaffeepause – es zieht mich in die engen Gassen. Ich erinnere mich an schmutzig-graue, verfallende Fassaden ostdeutscher Städte zu DDR-Zeiten, weiß aber auch, dass ich seit Jahren durch meine Soli dazu beitrage, dass die historische Bausubstanz vielerorts heftig saniert und renoviert worden ist. In Dresden, Bautzen, Weimar habe ich die Resultate gesehen, aber was präsentiert mir Leipzig?
Ich begebe mich auf einen Entdeckungsspaziergang und bin überrascht und beeindruckt. Ganze Straßenzüge in den schmalen, teils verwinkelten Sträßchen erstrahlen im neuen alten Glanz vergangener Epochen, von der Renaissance über den Klassizismus bis zum Jugendstil. Immer wieder bleiben meine Blicke an prächtigen Fassaden hängen. Überwältigt bin ich von der Fülle, Vielfalt, Pracht der Gestaltung – hier schlägt mir selbstbewusster Stolz entgegen. Mit viel Gespür für Details sind die Stadthäuser herausgeputzt. Vergleiche mit ähnlichen Arealen in München, Wiesbaden oder Hamburg drängen sich mir auf. Ab sofort speichere ich Leipzig in der Kategorie „sehenswertes Stadtbild“ ab.
In der Nicolaistraße mit ihren vielen kleinen Geschäften entdecke ich eine kunstvoll gestaltete Fassade über dem Eingangstor zu Steibs Hof. Es ist ein Wohn- und Geschäftshaus, einst als Messepalast konzipiert. Speck’s Hof ganz in der Nähe, gegenüber der Nicolaikirche, ist die älteste Ladenpassage der Stadt und grüßt heute mit Jugendstilelementen. Die Geschichte des Anwesens geht bis in das 15. Jahrhundert zurück. Ein weiteres Kleinod ein paar Schritte weiter: Barthels Hof, einst ein prächtiger Handelshof. Zum Ensemble gehört auch das Haus „Zur Goldenen Schlange“, außen mit neobarocker Sandsteinfassade und zum Innenhof gekehrt mit Renaissancefassade, Volutengiebel, prunkvollem dreistöckigen Erker nebst Türmchen und Wetterfahne. Lauschige Durchgänge führen weiter. Unbedingt bewundern sollte man das exotisch anmutende Riquethaus, die Alte Börse am Naschmarkt oder das entzückende Coffe Baum in der Fleischergasse. Ein Blick in die Höfe – und in die Höhe – lohnt sich an allen Ecken!
Leipzig ist seinem historischen Kern gut überschaubar und leicht zu erkunden. Architekturfans sollten aber auf keinen Fall versäumen, sich auch in angrenzenden Stadtteilen wie dem Waldstraßen- oder Musikviertel mit ihren prächtig sanierten Bürgerhäusern und Villen umzuschauen. In der Südvorstadt wurden ganze Straßenzüge mit ihren fünf- oder sechsstöckigen Wohnhäusern aus der Gründerzeit originalgetreu wiederhergestellt. Rechts und links der Karl-Liebknecht-Straße mit ihren nicht nur bei Studenten, Kreativen und jungen Familien beliebten Bistros und Straßencafés tobt ein buntes Leben – Willkommen in Leipzig!
So kommen Sie hin: Leipzig ist per Bahn (z. B. Frankfurt am Main-Leipzig in gut 3 Stunden) oder Autobahn (A9, A 14, A 38) bestens zu erreichen, ebenso über den Flughafen Leipzig/Halle Airport.